Interview mit Claudia Rinke
Claudia Rinke ist seit dem 01.04.2025 die neue Leiterin der Städtischen Museen und Galerien Paderborn. Sie ist seit diesem Tag Mitglied im Vorstand unseres Vereins und tritt die Nachfolge der bisherigen Museumsleiterin, Frau Dr. Andrea Brockmann, an. Am 06.05.2025 erfolgte ein Gespräch mit Claudia Rinke, in dem sie sich unserem Verein vorstellt und uns etwas über ihren beruflichen und privaten Hintergrund erzählt.
Frau Rinke, sind Sie in Ihrer neuen Aufgabe bereits gut angekommen?
Claudia Rinke: Ja, ich fühle mich in Paderborn bereits sehr wohl und ich freue mich auf die spannenden Aufgaben, die mich und mein tolles Team hier erwarten. Ich habe mir vorgenommen, Paderborn und seine Menschen zu entdecken und ihnen offen und interessiert zu begegnen.
Können Sie uns ein wenig über sich selbst verraten? Wo liegen Ihre persönlichen Wurzeln und was haben Sie beruflich bereits erlebt?
CR: Gern. Ich bin 1980 in Heiligenstadt im Eichsfeld geboren. 1999 habe ich ein Studium für Raumplanung in Dortmund begonnen. Drei Jahre später startete ich mein Studium der Kunstgeschichte und Sozialpsychologie und -anthropologien im Bachelor und Kunstgeschichte und Gender Studies in Bochum und habe diese Studiengänge in 2009 erfolgreich abgeschlossen.
Und was haben Sie nach dem Studium gemacht?
CR: Bereits während des Studiums habe ich für die Kunstsammlung der Ruhr-Universität Bochum (RUB) gearbeitet und dort meine museale Leidenschaft entdeckt. Ich habe dort die Sammlung Moderne Kunst und deren Ausstellungen betreut. Anschließend absolvierte ich ein Volontariat bei der Kunst- und Kulturstiftung der Stadtsparkasse Düsseldorf, bevor ich nach Bochum zurückgekehrt bin.
Da sind Sie aber früh in verantwortungsvollen Tätigkeiten unterwegs gewesen.
CR: Ja, das stimmt. Seit 2010 war ich neben der Arbeit für die Kunstsammlungen der RUB ebenfalls als freischaffende Kuratorin und Kunstvermittlerin unter anderem für den Westdeutschen Künstlerbund e. V. tätig und habe, neben den kuratorischen Tätigkeiten, auch in administrativen Bereichen gearbeitet. Weitern war ich Kunstvermittlerin in verschiedenen Museen im Ruhrgebiet und Rheinland und habe insbesondere Führungen für Erwachsene gemacht. Ich war Lehrbeauftragte für moderne und zeitgenössische Kunst am Kunstgeschichtlichen Institut der RUB und im Vorstand des Kunstvereins „galerie januar – Verein zur Förderung junger Kunst e.V.“ aktiv.
Dann sind Sie also gewissermaßen eine Generalistin und Sie kennen auch die Arbeiten, die in der Verwaltung und der Technik, quasi „backstage“, anfallen.
CR: Ja, das stimmt.
Und was kam danach?
CR: Meine Zeit in Bochum endete 2015. Seit 2016 bin ich als Mitarbeiterin zum Märkischen Museum Witten gewechselt. Dort habe ich mich zur Kuratorin und Leitung der Abteilung Kunstvermittlung hochgearbeitet, bevor ich dann im Frühjahr dieses Jahres meine Tätigkeit in Paderborn begonnen habe. Ein Highlight meiner Tätigkeit in Witten war die Ausstellung „„ANDERS NORMAL! Revision einer Sehschwäche“, zu der es auch einen Katalog (Verlag Kettler) gibt.
Das hört sich ja rätselhaft an. Das ist doch sicherlich keine Fachschau für Augenärztinnen und -ärzte, oder? Können Sie uns kurz berichten, worum es dabei gegangen ist.
CR: Natürlich. In der Ausstellung habe ich mich mit der historischen und leider immer noch aktuellen Unterrepräsentierung von Künstlerinnen in der Kunstgeschichte, dem Kunstmarkt, dem Ausstellungsbetrieb und insbesondere auch den musealen Sammlungen auseinandergesetzt. Am Bespiel der Wittener Museumssammlung habe ich dies exemplarisch nachvollzogen und rund 100 Werke von 50 Künstlerinnen aus dem Depot geholt. Diese waren lange Zeit vergessen und zeigen die strukturelle Ungleichheit – die Sehschwäche – gegenüber Künstlerinnen. Zu sehen waren Werke von ca. 1900 bis zur Gegenwart von bekannten Künstlerinnen wie Paula Modersohn-Becker, Gabriele Münter oder Käthe Kollwitz, aber auch von vielen heute nicht mehr so präsenten oder lokalen künstlerischen Positionen, die aber alle irgendwann einmal im Märkischen Museum Witten ausgestellt haben.
Danke. Jetzt sind wir ein bisschen schlauer geworden. Können Sie uns ein wenig darüber erzählen, welche Ziele und Visionen Sie für die Museen in Paderborn haben?
CR: Ja gerne. Da ist einiges, was ich umsetzen möchte. Ich möchte Ausstellungen anbieten, die die Menschen begeistern. Das betrifft sowohl die Themen als auch die Kunstwerke selbst, z.B. im Bezug auf ihre Ästhetik. Ich möchte dabei einen starken Bezug zu gesellschaftlichen Themen herstellen. Konkret geht es mir um Themen wie Nachhaltigkeit, Vielfältigkeit der Gesellschaft, z.B. „arm und reich“ oder „alt und jung“. Das Thema der Vielfalt liegt mir besonders am Herzen ebenso wie die Natur aber auch politische Themen.
Gibt es etwas, was Sie speziell für Paderborn spannend finden könnten?
CR: Ja, da fällt mir z.B. die Verbindung von musealer Kunst und Street Art ein.
Wie stehen Sie eigentlich zu digitalen Themen in der Kunst und zum Thema KI?
CR: Das ist ein interessantes Feld. Neben den Chancen und Risiken, die hier gesehen werden können, möchte ich aber auch unsere Museen mit digitaler Technik zukunftsfähig machen. Mit ihrer Hilfe möchte ich eine lokale Vernetzung erreichen und die Bekanntheit und Sichtbarkeit unserer Museen steigern. Dies soll auch durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit unter Einbindung von Social Media erfolgen.
Das hört sich spannend an.
CR: Ja, hier haben wir noch einiges zu tun und es wird auch nicht alles auf einmal in Angriff genommen werden können. Aber Stück für Stück werden mein Team und ich an diese Themen herangehen.
Da fällt mir ein, Sie nach einem Motto für Ihre Tätigkeit zu fragen. Gibt es da eins, dass Sie uns spontan mitteilen können?
CR: Ja, tatsächlich gibt es so etwas. Mein Motto lautet „Kunst muss nicht immer ernst sein“.
Und wo sehen Sie die Museumslandschaft in Paderborn in, sagen wir mal, 5 Jahren?
CR: Ich würde sagen, ich sehe sie frisch, jung, lebendig und verankert in unserer Stadt.
Danke für Ihre bisherigen Informationen. Jetzt habe ich aber noch ein paar Fragen im Zusammenhang mit unserem Freundeskreis. Wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit mit unserem Verein und unseren Mitgliedern vor?
CR: Ich freue mich, dass es im Freundeskreis Städtische Galerien Paderborn e.V. eine große Anzahl von kunstinteressierten Mitgliedern gibt. Ich möchte mit dem Verein und den Mitgliedern einen freundschaftlichen, offenen und nahbaren Umgang pflegen. Sie sollen mich erleben, z.B. bei kostenfreien Exclusivführungen und bei neuen Ausstellungen. Ich bin gerne offen für Impulse aus Ihrem Kreis, um diese, falls möglich, bei der Entwicklung von neuen Veranstaltungen und Ausstellungen in unsere Überlegungen mit einzubeziehen. Ich möchte für den Verein als Ansprechpartnerin und Kontaktgeberin zur Verfügung stehen. Selbstverständlich freue ich mich auch auf die Unterstützungen aus dem Verein, seien sie finanzieller oder auch persönlicher Art.
Das hört sich gut an. Wir freuen uns auch auf die Zusammenarbeit mit Ihnen und vielleicht ergibt sich auch schon bald mal die Gelegenheit, dass unsere Mitglieder Sie auch persönlich kennenlernen, z.B. bei einer neuen Ausstellung, einer Führung oder aber spätestens auf unserer im Herbst stattfindenden Mitgliederversammlung.
Ich bedanke mich für das interessante Gespräch mit Ihnen und wünsche Ihnen für Ihre private und berufliche Zukunft alles Gute.